Liebe Grüße,
Ihre Karin Zeiler
Warum ich diesen Text mit einer Verabschiedung beginne? Sie führt uns einen beliebten Grammatikfehler vor Augen: Den Beistrich hinter der Grußformel!
Es begann vor einigen Jahren, schleichend. Und mittlerweile sieht man ihn so oft, dass man verunsichert zum Duden greift (okay, das machen wahrscheinlich nur Texter 🙂 ) oder ihn unreflektiert übernimmt. Frei nach dem Motto: Wenn ihn so viele machen, wird er ja wohl stimmen. Denn, seien wir uns ehrlich: Dieser Beistrich steht doch da, als würde er tatsächlich hingehören.
Gehört er aber nicht.
Dafür ist er eine wunderbar anachronistische Erscheinung: In Zeiten, in denen das Komma immer weniger Aufmerksamkeit erhält, kommt es plötzlich dort zum Einsatz, wo es noch nie ein natürliches Vorkommen hatte.
Wo kommt dieses Komma nach dem Abschiedsgruß plötzlich her?
Wie viele andere sprachliche Eigenheiten importieren wir diesen Beistrich direkt aus dem Englischen: „Best regards, Karin“ ist völlig richtig, kann aber nicht 1:1 ins Deutsche übernommen werden – kann natürlich schon, ist dann aber leider nicht korrekt.
Es ist ein bisschen wie mit dem Genitiv-S, das uns im Deutschen immer öfter abhandenkommt: Weil es sich wie im Englischen mit einem Apostroph vom restlichen Wort absentieren möchte (z. B. Karin´s statt Karins) – was es grammatisch allerdings nicht darf.
Oder wie beim E-Mail, das im Englischen email geschrieben wird und prompt als Email ins Deutsche geholt wird. Zwar brav großgeschrieben, wie es sich für ein Hauptwort gehört, aber ohne den wichtigen Bindestrich, der es in seiner Bedeutung vom bereits existierenden deutschen Wort Email (gemeint ist das Metall) unterscheidet.
Wie ist das jetzt mit dem Beistrich nach der Grußformel?
Ganz einfach: Es ist, wie es immer war. Hinter die freundlichen, lieben, herzlichen oder besten Grüße hat noch nie ein Beistrich gehört und wird in absehbarer Zeit auch keiner gehören.
Wo „komma“ denn sonst hin, fragt mit herzlichen Grüßen
Ihre Karin Zeiler
(c) Bild: Unsplash, Oli Dale
Oh, da hab‘ ich mich auch ertappt, in „platz-/zeilensparsamen Zeiten“ eine Zeile in der Grußformel eingespart zu haben, dabei natürlich stets pflichtbewusst ein Komma gesetzt, um mich nicht hemmungslos am Wildwuchs des geschriebenen Wortes zu beteiligen. Vielen Dank liebe Karin – bin schon gespannt auf weitere Beiträge! . . . Weißt du etwa, woher es kommt, dass viele denken, die Erfinder der E-Mail hätten alle (!) Rechtschreibregeln außer Kraft gesetzt?